Zielfernrohr-Mythen

Wir haben es am Telefon täglich mit Mythen und vermeintlichen Grundlagen zu tun, die einfach nicht stimmen, aber von Generation zu Generation weitergetragen werden. Vor allem im Bereich der Zieloptiken ist es immer wieder Spektakulär wie viel Falsches angenommen wird. Ein paar Mythen möchten wir hier ansprechen...

Zielfernrohr in Montage kleben

Klar freut sich Euer Händler wenn er Euch 10-20€ für das einkleben des Zielfernrohrs in die Montage abknüpfen kann. Wenn man 10-20€ an Euch verdienen kann, wird Euch so mancher Händler/Büma erzählen wie wichtig dies sei und der Präzision zuträglich. BLÖDSINN! Ein modernes Zielfernrohr in Kombination mit einer modernen Montage von Spuhr, ERATAC oder Zero Compromise benötigt derartiges überhaupt nicht. Wir haben es mit wiederholgenauer und hoch präziser CNC Fertigung zu tun. Die Montagen passen mit dem ZF also perfekt zusammen und nutzen die maximale Kontaktfläche voll aus. Durch moderne Aluminiumlegierungen wird auch zugfest und verrutschsicher eingespannt. Im Regelfall dreht Ihr die Ringschrauben mit über 2Nm an – da bewegt sich selbst bei stärksten Impulsen nichts mehr!

Wir stellen sogar die These auf, dass das Verkleben eher nachteilig ist, weil zusätzliches Material in Form des Klebers zwischen ZF und Montage für einen höheren Druck und negativen Einfluss auf das ZF-Mittelrohr sorgt. Hier ist alles aufeinander abgestimmt ohne die Berücksichtigung von Klebstoffen, Gummihandschuh-Ringen die man zum Schutz des Glases überzieht usw. …Somit kann selbst der Gummihandschuh-Finger oder Teflonband das man zwischen Mittelrohr und Ringe anbringt für negativen Einfluss sorgen. Es sollte klar sein, dass wenn die Ringe wie eine Passung funktionieren, das zusätzliche Material an Klebstoff etc. dazwischen den Druck irgendwohin ausüben muss – Da die Ringe stabiler sind als der Tubus des ZF wird also das Mittelrohr stärker als vorgesehen gequetscht. Dies kann dann dazu führen, dass die Mechanik im Glas beeinträchtigt wird und z.B. Türme sich schwergängiger drehen lassen oder Linsen im Glas durch den Druck reißen. (Alles schon gesehen!)

Nebenbei: Wenn wir in Eurem Auftrag Zielfernrohrmontagen oder Zielfernrohre mit Cerakote umlackieren, achten wir darauf, dass zuvor vorhandener Lack sauber abgestrahlt wurde und wir nicht dicker als die ursprüngliche Lackierung auftragen. Nur so kann man den Originaldurchmesser behalten – Überlackieren ohne so vorzugehen (wie es leider manche machen) kann hier für einige Probleme sorgen.

Das Einzige was Euch einkleben also bringen wird ist die Tatsache, dass Ihr Euer ZF dauerhaft versaut habt, den Wiederverkaufswert drastisch herabsetzt und in manchen Fällen auch die Präzision und Funktionalität besser gewesen wäre, wenn man es nicht gemacht hätte.

Dennoch zum Verständnis... Das mit dem Verkleben war ganz früher ok. Hier sprechen wir aber von Ringen und Zielfernrohren die vor hoch präziser CNC Fertigung hergestellt wurden. Dünne Metallringe, dicke ZF-Tuben die dann noch mit unterschiedlich starken Brünierungen, Eloxal oder Lackschichten überzogen waren usw.. Damals machte es durchaus Sinn die Kontaktfläche mit Harz oder Klebstoff optimal herzustellen – einfach nur weil diese nicht optimal war.

Besagter Mythos wurde aber ohne darüber nach zu denken von vielen einfach weiter geführt. Vor allem durch die ältere Generation an Jagdlehrern oder Sportschützen wird es bis heute so weiterverbreitet.

Das ZF so niedrig wie möglich (Low-Profile) auf der Waffe montieren

Einige Kunden kommen bei uns mit diesem Wunsch an, wenn Sie nach einer Blockmontage suchen. Wenn wir dann die Frage nach dem „Warum“ stellen, kommt meist ein „Das macht man doch so, oder?“.

Nö, macht man nicht! Jeder sollte sich darüber bewusst sein, dass man nicht die Schießhaltung eines anderen kopieren sollte, sondern die eigene Schießhaltung für Euch eine Rolle spielt. Hörensagen anderer ist egal mit welchem Hintergrund man eine Waffe in der Hand hält (Dienst, Sport, Hobby) immer das Dümmste dem man folgen kann. Es kommt auf das Erreichen der maximalen, eigenen Leistungsfähigkeit an und nicht das gute Aussehen oder Befolgen von vermeintlichen Grundlagen.

Bsp. Mit ausgestrecktem Führ-Arm an der AR schießen mag zwar gut aussehen, viele die es so handhaben, würden aber besser schießen wenn man diese Schießhaltung nicht einnehmen würde. Gleiches gilt für den „Chicken-Wing“ der angeblich die Trefferfläche eines Soldaten verringern soll … was es sicherlich im Minimalbereich auch macht, nur nichts bringt wenn man mit angeklapptem Ellbogen einfach schlechter schießt als mit ausgeklappten. Noch mehr Beispiele? Blinzeln beim schießen? Wenn man aus Reflex nach Schussabgabe blinzelt ist das völlig egal, man trifft und das ist die Hauptsache. Weshalb hier ein Schütze dann angeblich schlechter sein soll als jemand der krampfhaft versucht die Augen offen zu halten erschließt sich uns nicht. Natürlich kann man es wie die bekannten Ami-Instruktoren auf YouTube machen und dunkle Sonnenbrillen tragen – dann sieht man das völlig irrelevanten Blinzeln nach Schussabgabe, dass viele haben, einfach nicht... und man kann so tun als ob ;)

Genau so verhält es sich aber auch mit der optimalen Montagehöhe. Es muss zu Euch passen und wenn Ihr nicht wie der Glöckner von Notre Dame hinter der Waffe liegen wollt, dann ist höher oftmals einfach besser.

Im übrigen, für uns immer wieder lustig, wie manche die niedrigste Montage auswählen, diese dann aber auf einer Waffe montiert wird mit voll einstellbarer Wangenauflage, Schaftlänge usw.... und man so relevante Einstellmöglichkeiten und Toleranzen unnötigerweise herabreduziert.

Das Militär nutzt es, also ist es das Beste!

Ähm... klares Nein! Es sollte eher heißen: „Das Militär nutzt es, also war es das Günstigste!“

Es gibt sehr viele Beispiele die das bestätigen. Egal ob es um die Zielfernrohrwahl auf Scharfschützengewehren oder die Waffen selbst geht – Behörden wählen immer das was die Minimalanforderungen der Ausschreibung erfüllt und dabei das günstigste ist. In Deutschland sprechen wir von Beschaffungsämtern die dies vollziehen. Die Entscheidung was beschafft wird liegt also zum Großteil in der Hand derer, die keine Anwendungserfahrung oder Ahnung von dem Material haben, sondern einfach nach erfüllten Grundkriterien entscheiden.

Würde es um das Beste bei Behörden gehen, dann hätten deren Scharfschützen als mittleres SSG aktuell vermutlich eine Voere X4 oder Unique Alpine TPG-3A4 mit einer Spuhr oder ERATAC Montage und einem Zero Compromise ZC527 Glas in der Hand. Aber danach geht es eben nicht.

Auch muss man sich fragen was man alles braucht. Muss es wirklich ein Tremor3 Absehen sein? Aus Erfahrung können wir Euch sagen, dass 99% unserer Kunden niemals das Tremor3 Absehen bedienen werden. Das Absehen bedarf zur Nutzung umfangreiches Grundlagenwissen um nach intensivem, mehrtägigen Lernens das Absehen überhaupt richtig verstehen zu können. Um dieses Wissen zu erhalten muss man es häufig praktisch anwenden können und dazu fehlen uns in Deutschland die Möglichkeiten in Form von Bahnen über 500m! Vielmehr hat man dann 600-800€ mehr für das Zielfernrohr anhand der Lizenzgebühr für das Tremor an Horus Vision ausgegeben und wird es nie nutzen – vielmehr es sogar nachteilig ist, weil man mit dem Tannenbaum der das Bild zukleistert nicht einmal etwas anfangen kann. Ehrlich – Das Geld könnt Ihr Euch sparen und lieber auf ein MSR oder MPCT Absehen zurückgreifen.

Es ist also eine Fehlleitung vieler dass man aktuelle Fotos und Infos von Behörden, KSK, Kampfschwimmer, Seals, Ranger, Deltas usw. … akribisch auswertet, wenn man den Anspruch hat sich das Beste zu besorgen. Das Beste ist nämlich das was im Anwendungsumfassten-Zweck in Verbindung mit bester Qualität, Leistungsumfang und Euch selbst auch wirklich das Beste ist. Das bedeutet ebenfalls, dass es auch nicht das Teuerste sein muss!

Wenn es Euch nicht um das Beste geht, sondern das aktuell „coolste“ weil die Masse an Schützen eben wie beschrieben vorgeht, dann ist das auch ok. Aber versucht dann bitte nicht mit Posts und Forenmeldungen aus etwas „coolem“ auch das „Beste“ machen zu wollen – denn das ist oftmals nicht so. Das „Beste“ ist also immer individuell auf den jeweiligen Anwendungsbereich und Schützen zu betrachten – und somit für viele ganz weit Weg von dem was dienstliche Anwender benötigen.

Wir hoffen natürlich, dass wir mit der Bennenung dieser Mythen nicht zu vielen auf die Füße getreten haben. Weder den Herstellern deren Vermaktungsstrategie es bei manchen Produkten ist, es nicht oft genug zu wiederholen "Das Militär nutzt unsere Produkte"... noch den vielen Fachleuten hier draußen, denen unsere, hoffentlich gut nachvollziehbaren Begründungen, nicht ganz so schmecken dürften. Aber hey! Vielleicht haben auch wir einfach nur keine Ahnung ;)  

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